"Wo steht denn das?“
Der Stufenbau der Rechtsordnung
Es vergeht wohl kein Tag in der Schule, an dem eine Lehrkraft nicht auch rechtliche Vorschriften anwendet: Bewertung einer Leistung, Missbilligung eines Fehlverhaltens, Wahrnehmung der Aufsicht oder Teilnahme an einer Konferenz u.v.m.
Im Zusammenhang mit der Unterrichts- und Erziehungsarbeit kommt dem
Wissen um rechtliche Vorgaben und Bestimmungen und deren Umsetzung im
Schulalltag wesentliche Bedeutung zu.
Die Erwartung an den Lehrer/ an die Lehrerin, die präzise Einhaltung der Gesetze und Bestimmungen betreffend, ist zweifelsfrei größer
geworden.
Doch auch eine Erwartungshaltung, dem Dienstgeber gegenüber, nach gesetzeskonformem Vorgehen und nach bestmöglicher Umsetzung im Sinne
der KollegInnen, darf Lehrerinnen und Lehrern zugesprochen werden.
„Wo steht denn das?“ als
zentrale Frage
„LehrerInnen müssen alle um
halb acht in der Schule sein.“
„Ich habe laut Stundenplan um
9.00 Uhr Schule. Es wird aber von mir verlangt, dass ich schon um 8.00 Uhr da
bin, denn es könnte ja sein, dass ich einen abwesenden Lehrer, eine abwesende
Lehrerin vertreten muss“.
„Arztbesuche dürfen nicht vor 16.00 Uhr eingeteilt werden, da ja auch am Nachmittag
die Möglichkeit besteht, abwesende LehrerInnen zu ersetzen!“
Dies sind Berichte aus dem Schulalltag, die uns in dieser oder
ähnlicher Form immer wieder erreichen und zur Frage führen, ob dies denn
verlangt werden könne.
Als hilfreiche Sofort- und Selbsthilfe für die Lehrerin/den Lehrer,
darf eine wirksame, kleine Frage mit auf den Weg gegeben werden, die mitunter
dazu führen könnte, dass manches
Ansinnen der/des Vorgesetzten nochmals überdacht, überprüft oder sogar
zurückgenommen werden müsste: „Wo steht
denn das?“
Die oben genannten Anfragen betreffend, kann eine simple Antwort
gegeben werden: Nirgends. Es gibt keinerlei gesetzliche Grundlagen dafür, dass LehrerInnen
außerhalb ihrer Diensteinteilung und den im Bereich 3 enthaltenen Aufgaben, in
der Schule anwesend sein müssen. Ein derartiges Verlangen seitens der
Dienstbehörde wäre rechtswidrig.
Der Stufenbau der Rechtsordnung
Die Verfassung
ist das Fundament, das Leitbild des Staates.
Sie enthält
wesentliche Grundsätze eines Staates (in Österreich z.B.: Demokratie,
Bundesstaatlichkeit, Rechtsstaatlichkeit) und regelt u.a. auch, welche
Gebietskörperschaft (Bund, Land) für die Regelung welcher Rechtsmaterie
zuständig ist (Kompetenz) und welche Gebietskörperschaft diese Rechtsmaterie zu
vollziehen hat (Vollziehung).
Auf Grund der
Ermächtigung durch die Verfassung kann die zuständige Gebietskörperschaft Gesetze
beschließen (z.B. SchUG, SchOG).
Diese Gesetze
gelten für jeden in Österreich. Zur näheren Ausführung der Gesetze werden Verordnungen
durch per Gesetz dazu ermächtigte/n Minister/in erlassen (z.B. VO über
Leistungsbeurteilung, Schulveranstaltungen) .
Gesetze und Verordnungen
können durch Erlässe (z.B. vom
SSR) noch weiter erläutert und präzisiert werden.
Im
kaskadenartigen System des Stufenbaues der Rechtsordnung muss die
niedrigere Norm jeweils durch die höhere gedeckt sein. Gesetze dürfen nicht
gegen die Verfassung, Verordnungen nicht gegen Gesetze und Bescheide nicht
gegen die Rechtsnormen verstoßen.
Das Schulwesen kann in einem Rechtsstaat also nicht
außerhalb der Rechtsordnung stehen. Pädagogisches Handeln ist in einen
rechtlichen Rahmen gefügt, der allen am Schulleben Beteiligten Sicherheit geben
soll. Elisabeth Tuma
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen